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Gotha genial?! Geistesblitze und Dauerbrenner aus 1250 Jahren

Schulpflicht, Flugzeug, Karussell? Von Gotha aus haben
viele Ideen und Erfindungen ihren Weg in Politik, Wirtschaft
oder das Bildungswesen angetreten und damit
Thüringen und die Welt geprägt.

Die Jahreshauptausstellung 2025 der Friedenstein Stiftung Gotha lädt zu einer Zeitreise durch die Geschichte der Stadt ein – und zu einigen Aha-Erlebnissen.

Die Geistesblitze und Ideen aus der Stadt, die Exporte der Stadt kennen viele, woher sie aber stammen, wissen die wenigsten. Wussten Sie dass in Gotha die Regionalfarben in der Kartografie erfunden wurden? Grün für Tiefland, schraffiertes Braun für Gebirge. Oder dass in Gotha das erste Krematorium gebaut wurde? …

Im Jahr 1641 holte Herzog Ernst I., der Fromme, den Pädagogen Andreas Reyher als Rektor an das Gymnasium, um das Schulwesen in seinem Herzogtum grundlegend zu modernisieren. Das Familienporträt von August Erich zeigt Reyher mit seinen Kindern und seiner Frau Catharina, umgeben von Lehrmitteln und einem offenen Psalter als Sinnbild für seine Frömmigkeit und Bildungsvision.
Friedenstein Stiftung Gotha

… In der thüringischen Stadt wurde unter Herzog Ernst dem Frommen (1601 bis 1675) die Schulpflicht eingeführt, in Gotha wurden Landkarten entwickelt, wie wir sie noch heute kennen, und Maschinen gebaut, die die Welt bewegt haben.

Die Ausstellung aber ist mehr als ein „Wussten Sie eigentlich?“: Der erste Weltkongress der Astronomie ist genauso Thema wie die Gothaische Haube, der Gothaer Kranz oder Science-Fiction. Gotha ist eine Stadt voller Geschichte, voller Ideen und voller Menschen, die ihre Spuren hinterlassen haben.

Karussellpferd (Nachbildung), Patent Schaukelmechanismus,
Friedenstein Stiftung Gotha

Die Karussellfabrik in Gotha, gegründet von Fritz Bothmann, war ein entscheidender Wendepunkt in der Entwicklung der deutschen Schaustellerindustrie.

Der Unternehmer begann 1883 mit einer kleinen Werkstatt und entwickelte sich rasch zu einem Pionier im Bereich der Karussellproduktion. Mit seiner innovativen Fertigungstechnik und hochwertigen Produkten – wie dem Patent eines Schaukelmechanismus für Karussellpferde – trug Bothmann dazu bei, Gotha zu einem Zentrum des Karussellbaus zu machen.

Plakat 1. Mai 1964, Inv.-Nr. 12236-2
Friedenstein Stiftung Gotha

Der 1. Mai, der “Internationale Kampf- und Feiertag der Werktätigen”, war ein weiterer wichtiger Propagandatag.

In Gotha wurden große Demonstrationen organisiert, bei denen die Arbeiterklasse ihre Solidarität und Unterstützung für die SED zum Ausdruck brachte. Die Botschaften der Propaganda betonten die Bedeutung der Arbeiterklasse und die Notwendigkeit, den Sozialismus gegen kapitalistische Einflüsse zu verteidigen.

„Gotha ist ein Ort von einzigartigem Wert, geprägt von den Ideen und Entwicklungen, die in dieser Stadt entstanden sind, und den Köpfen dahinter, die hier lebten und wirkten.“
Dr. Sonja Grulke (Kuratorin)
Der untere Hauptmarkt mit dem neuen und alten Rathaus, 1716
Stadtverwaltung Gotha, Forschungsstelle Stadtgeschichte Gotha

Was ist Gotha für eine Stadt? Wie war sie und wie wurde sie zu dem, was sie heute ist? Wer prägte sie, was macht sie besonders? In der Ausstellung lernen die Besucher:innen die Stadt kennen. Statt einer chronologischen Nacherzählung der 1250-jährigen Geschichte treten Themenkomplexe in den Fokus, in denen die Geschichte unter verschiedenen Aspekten befragt wird – von „Politik“, „Bildung“ „Wirtschaft und Handwerk“ über Kapitel wie „Aus aller Welt nach Gotha“, „Vereine und Engagement“ bis hin zu „Typisch Gotha“ oder „Feste und Feiern“.

Die meisten Objekte stammen aus der eigenen Sammlung, die durch Schenkungen, Leihgaben sowie Digitalisaten aus anderen Institutionen wie der Forschungsbibliothek Gotha ergänzt werden. Originale Zeitdokumente, Tonaufnahmen und eine Erzählebene machen „Gotha genial?!“ hörbar. Eine Kinderebene sowie weitere Sound- und Videostationen ergänzen die Ausstellung. Die Besucher:innen können im Rahmen der Ausstellung selbst aktiv werden und Informationen und Wissen einbringen. Zu der Ausstellung erscheint ein begleitender Katalog.

Vier Fragen an Dr. Sonja Grulke

Kuratorin der Ausstellung „GOTHA GENIAL?! Geistesblitze und Dauerbrenner aus 1250 Jahren“, Kustodin der Regional- und Kulturgeschichtlichen Sammlung

1. Der Titel Ihrer Ausstellung „GOTHA GENIAL?!“ trägt ein Fragenzeichen. Ist Gotha nun genial oder nicht?
Das Ausrufezeichen verweist auf die zahlreichen innovativen Leistungen, die mit Gotha verbunden sind. Das Fragezeichen signalisiert, dass wir die Thematik reflektieren und zur Diskussion stellen. Wir laden die Besucher:innen ein, sich selbst ein Bild zu machen und zu entscheiden, was Gotha für sie persönlich „genial“ macht.

2. In Ihrer Ausstellung stellen Sie nicht nur „Geistesblitze“ vor. Worum geht es noch?
Die Ausstellung beleuchtet neben Ideen und Erfindungen auch politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen Gothas und setzt sie in einen größeren Zusammenhang. Cluster wie Politik, Bildung, Handwerk oder Vereine zeigen, was die Stadt prägte. Auch gesellschaftliches Engagement und ein Austausch mit der Welt werden deutlich. Es entsteht ein kaleidoskopischer Blick auf die Stadtgeschichte, der nicht nur Bekanntes neu kontextualisiert, sondern auch bisher weniger beachtete Aspekte und Personen sichtbar macht.

Duale Berufsschule: Arnoldi gründete 1818 in der Innungshalle am Hauptmarkt die erste Handelsschule, die ein umfas-sendes Bildungsangebot für junge Kaufleute bot. Mit der Kombination aus praktischer Lehre im Betrieb und theoretischem Unterricht in der Schule legte Arnoldi den Grundstein für das duale Berufsschulsystem.
Friedenstein Stiftung Gotha
Gotha feiert: Eröffnung des Weihnachtsmarktes am 7. Dezember 1975
Friedenstein Stiftung Gotha



3. Sie nutzen auch „Oral History“. Was hat es damit auf sich?
Oral History bringt eine partizipative Komponente in die Ausstellung. Hierbei befragt man Menschen direkt nach ihren Erinnerungen an bestimmte Ereignisse oder Zeiten. Durch Erzählungen entstehen lebendige, subjektive Perspektiven auf die Geschichte Gothas. In unserem Projekt „Die kleine Freiheit“ haben Studierende der Universität Erfurt mit Gothaer Bürger:innen über Fotografien und Stadtfeste, wie 1. Mai-Feiern, das Gothardusfest oder den jährlichen Weihnachtsmarkt gesprochen. Dieser Zugang eröffnet neue, oft übersehene Blickwinkel auf die Vergangenheit und zeigt, wie wandelbar historische Erfahrungen sind.

4. Auf was freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich, zu sehen, wie sich die Besucher:innen in den Räumen bewegen und wie sie entdecken, was Gotha zu dem gemacht hat, was es heute ist. Da die Ausstellung für unterschiedliche Altersgruppen gestaltet ist, können Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf eigene Weise mit den Exponaten interagieren. Ich bin mir sicher, dass verschiedene Generationen miteinander ins Gespräch kommen und durch ihre Perspektiven ein vielschichtiges Bild der Stadtgeschichte entsteht.


Die 1962 gegründeten „The Polars“ etablierten sich als eine der ersten Beatbands Thüringens. Da der anfängliche Name Polaris jedoch mit einer amerikanischen Rakete assoziiert wurde, for-derten die Behörden eine Änderung. So entstand der Name The Polars, den die Band offiziell mit der Erklärung verteidigte, „The“ stehe für „Thüringer Heimat Ensemble“.
Friedenstein Stiftung Gotha
Hier geht’s zum Podcast über

Oral History & „Die Kleine Freiheit“

Öffnungszeiten und Eintritt

Wann:
27. April bis 26. Oktober 2025
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 17 Uhr
montags geschlossen, an Feiertagen geöffnet

Eintritt:
8 Euro (ermäßigt 4 Euro)
Kinder und Jugendliche bis 12 Jahre haben freien Eintritt.

Wo:
Herzogliches Museum Gotha, Ausstellungshalle
Schlossplatz 2, 99867 Gotha
Tel.: 03621 8234-200
service@friedenstein-stiftung.de