Abtransporte durch die Herzogliche Familie 1945
Um die Kunstschätze Gothas vor der Roten Armee zu schützen, ließen Mitglieder der Herzoglichen Familie von Sachsen-Coburg und Gotha zahlreiche Kunstwerke von Schloss Friedenstein nach Coburg transferieren, was sie als „Rettungsmaßnahme“ bezeichneten.
Mit dem Vorrücken der Alliierten und der Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen, die 1945 auf der Konferenz von Jalta beschlossen wurde, gerieten Thüringen und Gotha zunächst unter US-amerikanische und ab Juli unter sowjetische Kontrolle. Um die Kunstschätze Gothas vor der Roten Armee zu schützen, ließen Mitglieder der Herzoglichen Familie von Sachsen-Coburg und Gotha zahlreiche Kunstwerke von Schloss Friedenstein nach Coburg transferieren, was sie als „Rettungsmaßnahme“ bezeichneten. Der Abgang der Werke erfolgte in mehreren Kisten auf mindestens zwei Transporten und beruhte auf Empfehlungen und Zusicherungen amerikanischer Besatzungsbehörden, dass dies nur eine vorübergehende Maßnahme sei und die Eigentumsverhältnisse unberührt blieben.
Mit dem Vormarsch der Alliierten und der 1945 auf der Konferenz von Jalta beschlossenen Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen gerieten Thüringen und Gotha zunächst unter amerikanische, ab Juli unter sowjetische Kontrolle. Um die Gothaer Kunstschätze vor der Roten Armee in Sicherheit zu bringen, ließen Mitglieder der herzoglichen Familie von Sachsen-Coburg und Gotha zahlreiche Kunstwerke von Schloss Friedenstein nach Coburg bringen, was sie als „Rettungsmaßnahme“ bezeichneten. Die Auslagerung erfolgte in mehreren Kisten in mindestens zwei Transporten und beruhte auf Empfehlungen und Zusicherungen der amerikanischen Besatzungsbehörden, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handele und die Eigentumsverhältnisse unangetastet blieben.
Die Werke kehrten jedoch nie nach Gotha zurück. Die Familie argumentiert bis heute, dass die Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’sche Stiftung für Kunst und Wissenschaft (kurz: Kunststiftung) nach Coburg verlegt worden sei und sich die Kunstwerke daher rechtmäßig dort befänden. Allerdings gehörten die Sammlungsstücke zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Familie, sondern der Kunststiftung. Diese war 1928 neben der Herzoglichen Familienstiftung gegründet worden, um das fürstliche Erbe zu verwalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In diesem Zusammenhang übernahm die Kunststiftung den größten Teil der Museumsbestände und hatte die Aufgabe, die Werke für die kulturelle und wissenschaftliche Nutzung zu bewahren, wobei die Verwaltung dem Herzogshaus übertragen wurde, während Schloss Friedenstein und weitere Sammlungen in die Familienstiftung übergingen. Einige Kunstgegenstände verblieben im persönlichen Besitz des Herzogs.
Nach dem Ende der sowjetischen Besatzungszeit und der Gründung der DDR stellten die Thüringer Ministerien fest, dass die Herzogliche Kunststiftung Gotha rechtlich noch existierte, da das Thüringer Fürstenenteignungsgesetz von 1948 und die SMAD-Befehle auf sie nicht anwendbar waren. Damit blieb die Stiftung Eigentümerin ihres Vermögens in Thüringen. Um klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, wurde 1949 die Zwangsauflösung der Stiftung empfohlen, um das Vermögen auf das Land Thüringen zu übertragen. Diese Auflösung erfolgte schließlich am 14. Oktober 1950.
Im Jahr 2001 kam es zu einem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht Weimar, in dem die nunmehr so genannte Kunststiftung Coburg auf einige Restitutionsansprüche gegenüber Thüringen und Gotha verzichtete, jedoch festhalten ließ, dass dieser Verzicht nicht für die nach Coburg verbrachten Kunstwerke gelte. Diese verblieben demnach im Alleineigentum der Kunststiftung. Die 2003 gegründete Friedenstein Stiftung Gotha, die heute die Interessen des kulturellen Erbes auf Schloss Friedenstein vertritt, hat in der Folgezeit keine eindeutigen Rückgabeforderungen erhoben. Vielmehr hat sie in der Vergangenheit Verständnis für die Haltung der herzoglichen Familie gezeigt und teilweise die rechtmäßige Verbringung und Veräußerung der Kunstwerke anerkannt. Zugleich war und ist die Friedenstein Stiftung Gotha auch in dieser Verlustlinie stets bemüht, mit der herzoglichen Familie faire und angemessene Lösungen zu finden, um für die Identität des Hauses wesentliche Werke zurückzuerhalten.
Beispielobjekte:
Diese Objekte stehen für eine Vielzahl von Verlusten. Einige von ihnen konnten für den Friedenstein zurückgewonnen werden und gehören zu den glücklichen „Rückkehrern“, denen im Jahr 2021 die große Ausstellung „Wieder zurück in Gotha. Die verlorenen Meisterwerke“ gewidmet war. Andere werden weiterhin als Verluste geführt.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. prägte Athen Münzen mit dem Kopf der Athene und einer Eule, die als Wappentier der Göttin verehrt wurde. Diese Tetradrachmen, die bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. verwendet wurden, waren künstlerisch herausragend und prägten den Handel im Mittelmeerraum. Der Altbestand des Herzoglichen Münzkabinetts Gotha umfasst zahlreiche herausragende Stücke von den Anfängen der Münzprägung bis in die frühe Neuzeit – darunter auch Stücke aus der Sammlung des Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt aus dem Jahr 1712. Ab 1939 wurden Teile der Sammlung von Mitgliedern der herzoglichen Familie zunächst schrittweise nach Reinhardsbrunn und Coburg ausgelagert. Zu einer Rückführung nach Gotha kam es nie. Da es sich um unveräußerliche Bestände der öffentlich-rechtlichen Kunststiftung handelt, war die Auslagerung der Münzen immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen.
Im Jahr 2011 konnten mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Bundesregierung, des Freistaats Thüringen und der Ernst von Siemens Kunststiftung über 16.000 Münzen zurückgekauft werden. Die Rückkehr der Sammlung nach Gotha gilt als großer kulturpolitischer Erfolg.
Provenienz:
Altbestand aus dem Herzoglichen Münzkabinett Gotha, darunter zahlreiche Goldprägungen aus dem Ankauf der Sammlung des Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt von 1712.
Objektgeschichte:
Seit 1939 schrittweise Verlagerung nach Reinhardsbrunn, in das Untergeschoss des Bibliotheksturms und in die Fürstengruft von Schloss Friedenstein (nach Bedeutungskategorien geordnet); zwischen Mai und Juni 1945 Verlagerung der bedeutendsten Bestände nach Coburg; zwischen 1950 und 1990 wiederholtes Auftauchen einzelner Objekte bzw. geschlossener Sammlungskonvolute (römische Aurei) auf dem „westlichen Kunstmarkt“; dreijährige Verhandlungen mit der Herzoglich-Sächsisch-Coburgischen und der Gothaer Kunststiftung (römische Aurei) auf dem „westlichen Kunstmarkt“; dreijährige Verhandlungen mit der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft zur Festlegung eines Rückkaufspreises; 2007 bis 2009 Erfassung der in Coburg befindlichen Sammlung und Detailverhandlungen; 2011 Rückerwerb von über 16.000 Münzen und Medaillen sowie 2015/16 von 343 römischen Goldmünzen.
Rückführung dank des engagierten Einsatzes der Kulturstiftung der Länder, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, des Freistaats Thüringen und dank der langfristigen Vorfinanzierung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung München sowie der großzügigen Spenden der beiden Mäzene Fritz Rudolf Künker und Friedrich Popken; 2015/16 dank der Bundesförderung des Bundes für Kultur und Medien.
In Athen begann die Münzprägung im 6. Jahrhundert v. Chr. mit den so genannten Wappenmünzen, die verschiedene emblemartige Bilder verwendeten. Die für die Stadt signifikanten Münzen mit dem Athenakopf auf der Vorderseite und der Eule auf der Rückseite, die in stilistischen Variationen noch bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. geprägt wurden, entstanden erst um 525 bis 500 v. Chr..
Die Darstellung einer Eule – genauer eines Steinkauzes – auf der Münze hatte einen religiösen Hintergrund. Der Vogel war Athena, der Göttin der Weisheit und Schutzherrin der Stadt Athen, heilig und wurde daher zum Wappentier der Polis gewählt. In klassischer Zeit (5.-4. Jh. v. Chr.) etablierte sich die athenische Tetradrachme zur erfolgreichsten Fernhandelsmünze im Mittelmeerraum, die auch künstlerisch eine herausragende Qualität aufwies. Dieser Phase ist auch die vorliegende Prägung zuzuordnen, die durch ihre bildliche Schärfe und die kraftvolle Plastizität des Athenakopfes und der Eule besticht.
Im Oktober und November 2011 trafen Kunsttransporte mit über 16.000 Münzen und Medaillen als wertvolle Fracht aus Coburg auf Schloss Friedenstein ein. Es handelte sich um die bedeutendsten Bestände des ehemaligen Herzoglichen Münzkabinetts Gotha, die im Auftrag des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha zwischen Mai und Juni 1945 zur Sicherung in die amerikanische Besatzungszone nach Coburg ausgelagert worden waren. Dieser Meilenstein in der Geschichte des Kabinetts wurde am 8. November 2011 mit einer großen Pressekonferenz gewürdigt, zu der auch eine erste erlesene Sonderausstellung mit hochkarätigen „Coburger Zimelien“ präsentiert werden konnte. Neben Staunen und Bewunderung für die „glanzvollen Goldstücke“ herrschte an diesem Tag große Freude über die imposante Rückerwerbung, die finanziell dankenswerterweise nur durch eine Förderkoalition engagierter öffentlicher und privater Unterstützer gelingen konnte.
Dem gemeinsamen Bemühen, eine über 300 Jahre gewachsene Sammlung als Ganzes für das Münzkabinett auf Schloss Friedenstein zurückzugewinnen, waren zahlreiche Absprachen vorausgegangen. Maßgeblichen Anteil an dieser in ihrer Dimension einmaligen innerdeutschen Kulturgüterrückführung hatte der ehemalige Fachdirektor des Gothaer Münzkabinetts (1971-1988), Dr. Wolfgang Steguweit. Er hatte im Auftrag der Friedenstein Stiftung Gotha von 2007 bis 2009 in mehreren Arbeitsphasen die nach Coburg verbrachten Kostbarkeiten des Gothaer Münzkabinetts (vor allem mittelalterliche und neuzeitliche Münzen sowie Medaillen) in situ erfasst und im Auftrag der Kulturstiftung die Detailverhandlungen mit der Herzoglichen Hauptverwaltung der Stiftung der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Familie geführt.
Nach der Rückkehr der über 16.000 Münzen und Medaillen nach Schloss Friedenstein im Jahr 2011 galt es auch, der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft und insbesondere dem Senior des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha, Prinz Andreas, für sein Entgegenkommen beim Ankaufspreis zu danken. Sein persönliches Engagement hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die jahrzehntelang für Gotha verloren geglaubten Kostbarkeiten endlich wieder an ihren angestammten Ort zurückkehren konnten. Der Rückerwerb der „Coburger Sammlung“ ist kulturpolitisch als konzeptionelle und strategische Leistung zu werten, die in dieser Größenordnung seit der Rückführung von Kunstwerken aus der UdSSR Ende der 1950er Jahre ihresgleichen sucht.
Die 1544 entstandene Dreifaltigkeitsmedaille des Leipziger Künstlers Hans Reinhart des Älteren gilt als ein Meisterwerk der deutschen Renaissance. Sie kombiniert Guss und Goldschmiedearbeiten, darunter vollplastische Miniaturskulpturen. Das Motiv des Gnadenstuhls greift vorreformatorische Vorbilder auf, betont aber Gottvater als Weltenherrscher. Die Medaille symbolisiert das Streben nach kirchlicher Einheit und wurde vermutlich von Kurfürst Moritz von Sachsen in Auftrag gegeben.
Der Altbestand des Herzoglichen Münzkabinetts Gotha umfasst zahlreiche herausragende Stücke von den Anfängen der Münzprägung bis in die Frühe Neuzeit – darunter auch Stücke aus der Sammlung des Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt aus dem Jahr 1712. Ab 1939 wurden Teile der Sammlung nach und nach nach Reinhardsbrunn und Coburg ausgelagert. Im Jahr 2011 konnten mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Bundes, des Freistaats Thüringen und der Ernst von Siemens Kunststiftung über 16.000 Stücke zurückerworben werden. Die Rückkehr der Sammlung nach Gotha gilt als großer kulturpolitischer Erfolg.
Provenienz:
Altbestand des Herzoglichen Münzkabinetts Gotha, darunter zahlreiche Goldprägungen aus dem Ankauf der Sammlung des Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt 1712.
Objektgeschichte:
Die 1544 entstandene Dreifaltigkeitsmedaille verkörpert den Zenit im Schaffen des Leipziger Künstlers Hans Reinhart d. Ä. und stellt einen absoluten Höhepunkt in der Kunst der deutschen Renaissance dar. In unübertroffener Meisterschaft und einzigartiger Raffinesse zeigt sie die gestalterische Verbindung von Guss und kunstvollen, goldschmiedischen Auflötungen, die teilweise sogar vollplastische Miniaturskulpturen und Dekore darstellen. Reinhart war als gelernter Goldschmied ein brillanter Meister seines Fachs und konnte zudem bildkompositorisch auf seine künstlerischen Erfahrungen in der Holzbildhauerei zurückgreifen.
Das Medaillenmotiv des Gnadenstuhls lehnt sich an vorreformatorische Vorbilder aus dem frühen 16. Jahrhundert an, die in der sächsischen Bauplastik oder im graphischen Werk Cranachs d. Ä. zu finden sind. Es unterscheidet sich jedoch ikonographisch von diesen durch eine wesentlich signifikantere Kennzeichnung Gottvaters als Weltenherrscher.
Neben ihrer herausragenden Qualität besitzt die Medaille vor allem eine große religionspolitische Bedeutung. Sie drückt die zeitgenössische Sehnsucht nach kirchlicher Einheit aus und dokumentiert die diesbezüglichen Bemühungen um einen Ausgleich zwischen den Religionsparteien. Wie aus der Rückseitenlegende und dem dort eingefügten herzoglich-sächsischen Wappen hervorgeht, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Auftragswerk des späteren Kurfürsten Moritz von Sachsen (1521-1553).
Der junge Herzog Moritz, der 1539 zum Protestantismus übergetreten war, andererseits aber zunehmend in den Einflussbereich der Reichspolitik geriet, hatte vor dem Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges taktisch versucht, in der Religionsfrage zwischen Kaiser Karl V. und den Anhängern der jungen protestantischen Kirche zu vermitteln. Seine um 1542 einsetzenden Bemühungen könnten sich in der ikonographischen Aussage der Medaille widerspiegeln, die theologisch die Dreifaltigkeit thematisiert.
Sowohl das Motiv des Gnadenstuhls als auch das auf der Rückseite in Textauszügen wiedergegebene Glaubensbekenntnis des Kirchenlehrers Athanasius (295-373) aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. waren bei Altgläubigen und Protestanten gleichermaßen anerkannt. Es bildete die theoretische Grundlage für die Trinitätslehre beider Kirchen und wurde z.B. auch in den Schmalkaldischen Artikeln erwähnt.
Wie neuere Forschungen zur Gothaer Kunstkammer ergeben haben, ist die Dreifaltigkeitsmedaille bereits 1656 in den dortigen Münzbeständen nachweisbar. Laut Inventarvermerk befand sich das prachtvolle Stück ursprünglich im Besitz der Gothaer Herzogin Elisabeth Sophia, die es zusammen mit anderen Münzen und Medaillen der Kunstkammer übergab.
Das Porträt Herzog Philipps des Guten (1396-1467) entstand um 1500 und weist stilistische Ähnlichkeiten mit einem nahezu identischen Werk in Madrid auf. Es wurde unter Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg erworben und ist seit 1826 in der Herzoglichen Gemäldegalerie auf Schloss Friedenstein dokumentiert. Es gelangte 1879 in das Herzogliche Museum Gotha, wurde 1945 nach Coburg ausgelagert und 1946 verkauft.
Ab 1939 verlagerten Mitglieder der herzoglichen Familie Teile der Sammlung nach Schloss Reinhardsbrunn und auf die Veste Coburg. Der weitaus größte Teil der Werke kehrte nicht mehr zurück. Da es sich um unveräußerliche Bestände der öffentlich-rechtlichen Kunststiftung handelte, war die Auslagerung und spätere Veräußerung der Sammlungsbestände immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Nach verschiedenen Besitzern, darunter Sammlungen in Basel und Paris, wurde das Porträt 2008 bei Christie’s versteigert und schließlich 2009 von der Ernst von Siemens Kunststiftung nach Gotha zurückgeführt.
Provenienz:
unter Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg für die Kunstkammer erworben.
Objektgeschichte:
Seit 1826 in der Herzoglichen Gemäldegalerie, Schloss Friedenstein erwähnt; seit 1879 im Herzoglichen Museum Gotha ausgestellt; vor 1943 in Reinhardsbrunn; um 1945 nach Coburg ausgelagert. 1946 verkauft, in verschiedenen Privatbesitz, u.a. Sammlung Frankhauser, Basel und Sammlung G. Fodor, Paris; 2008 versteigert bei Christie’s, Paris; erworben von der Ernst von Siemens Kunststiftung; seit 4. August 2009 als Leihgabe zurück in Gotha.
Philipp der Gute (1396-1467) war der dritte und bedeutendste burgundische Herzog aus dem Hause Valois. Sein Machtzentrum lag in den südlichen Niederlanden, die zugleich eine führende Rolle in der Entwicklung der Künste spielten. Dies galt insbesondere für die Malerei, zu deren bedeutendsten Vertretern der Brüsseler Stadtmaler Rogier van der Weyden zählte. Er porträtierte Herzog Philipp um 1450 und schuf dabei mindestens zwei verschiedene Bildnistypen, die allerdings nur in späteren Kopien erhalten sind.
Das Gothaer Werk und ein fast identisches Stück aus dem Palacio Real in Madrid gehören zu dem selteneren Typus des barhäuptigen Herzogs, der nur in vier Exemplaren überliefert ist. Beide Tafeln stimmen nicht nur in Darstellung und Inschrift, sondern auch in den Maßen und der Konstruktion mit integriertem Rahmen weitgehend überein. Stilistische Merkmale, wie die harte Zeichnung der Formen, sowie die in Gotha durchgeführte Dendrochronologie sprechen für eine Entstehungszeit um oder kurz nach 1500.
Es gibt jedoch drei bemerkenswerte Abweichungen: Erstens fällt der Schatten der Figur in Gotha nach rechts, in Madrid nach links, zweitens sind die Farben der roten und schwarzen Bänder an Philipps Halsausschnitt jeweils vertauscht, und drittens sitzt im Gothaer Bild eine Fliege auf der gemalten Rückwand, in Madrid aber eine Assel. Solche systematischen Abweichungen sprechen stark für die Annahme, dass beide Tafeln in derselben Werkstatt entstanden sind. Dabei dürfte die Gothaer Fassung mit der gemalten Fliege die frühere sein, da es sich um ein in der Porträtmalerei häufiges Motiv handelt, während die Kellerassel sonst nie vorkommt.
Möglicherweise befand sich die Tafel vor ihrem Erwerb in Gotha in einer bedeutenden Sammlung in den Niederlanden, denn sie diente offenbar als unmittelbare Vorlage für einen 1644 in Haarlem publizierten Porträtstich Philipps des Guten.
Der Gnadenpfennig wurde zwischen 1887 und 1889 dem Herzoglichen Museum übergeben. Ab 1939 wurden Teile der Sammlung von Mitgliedern der herzoglichen Familie zunächst schrittweise nach Reinhardsbrunn und Coburg verbracht. Zu einer Rückführung nach Gotha kam es nie. Da es sich um unveräußerliche Bestände der öffentlich-rechtlichen Kunststiftung handelte, war die Verbringung der Münzen immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen.
Nach mehreren Besitzerwechseln tauchte das Werk im Kunsthandel auf und wurde 2011 von der Londoner Kunsthandlung S. J. Phillips Ltd. angeboten.
Dank des Art Loss Registers und der Vermittlung der Kunsthandlung kehrte die Medaille im August 2011 nach Gotha zurück. Der Gnadenpfennig zeigt Herzog Ernst den Frommen (1601-1675) und seine Gemahlin Elisabeth Sophia (1619-1680). Er wurde von dem Goldschmied Wendel Elias Freund (gest. 1665) gefertigt und diente als beliebtes Geschenk an andere Höfe. Besonders beliebt war diese Schmuckform im 17.
Provenienz:
Altbesitz Herzogliches Münzkabinett
Objektgeschichte:
Der Gnadenpfennig gelangte zwischen 1887 und 1889 in das Herzogliche Museum und wurde vermutlich 1945 im Auftrag der herzoglichen Familie nach Coburg verbracht. In der Folgezeit wechselte er mehrfach den Besitzer und tauchte im Kunsthandel auf. Zuletzt wurde er im Frühjahr 2011 von der Londoner Kunsthandlung S. J. Phillips Ltd. zum Verkauf angeboten. Im August 2011 kehrte er nach Gotha zurück. Die Rückführung ist dem Einsatz und der Vermittlung des Art Loss Registers in London sowie dem großzügigen Entgegenkommen der Kunsthandlung S. J. Phillips Ltd. zu verdanken.
Die Londoner Kunsthandlung S. J. Phillips Ltd. bot den aus Privatbesitz erworbenen Gnadenpfennig im Frühjahr 2011 dem Museum of Fine Arts in Boston an. Die Bostoner Kunsthistoriker leiteten vor dem Ankauf Provenienzrecherchen zu dem Werk ein, die zu der Vermutung führten, dass es sich ehemals in Gotha befand. Daraufhin wurde das Art Loss Register in London mit weiteren Recherchen beauftragt, die diese Vermutung bestätigten. Im Rahmen der anschließenden Verhandlungen mit der Londoner Kunsthandlung S. J. Phillips Ltd. verzichtete diese erfreulicherweise großzügig auf ihre Besitzansprüche, so dass das kostbare Ehrenzeichen aus der Zeit Herzog Ernsts des Frommen nach kriegsbedingtem Verlust und jahrzehntelanger wechselvoller Geschichte 2011 wieder auf den Friedenstein zurückkehrte.
Der Gnadenpfennig zeigt auf der Vorderseite in einem nahezu vollplastischen Porträt Herzog Ernst den Frommen von Sachsen-Gotha in Rüstung mit Spitzenkragen und umgelegtem Mantel und auf der Rückseite das Bildnis seiner Gemahlin Elisabeth Sophia (1619-1680).
Die Herzogin trägt ein hochgeschlossenes Kleid und eine streng am Kopf zusammengebundene Frisur, die unterhalb der Schläfen in üppige Naturlocken fällt und am Hinterkopf mit einem kunstvollen Band mit großer Schleife geschmückt ist. Ein farbig emaillierter Kranz aus kunstvoll arrangierten Bändern, Blüten und Früchten umrahmt imposant das goldene Oval. Die Pracht des Ehrenzeichens wird durch einen Anhänger, bestehend aus einem großen, in Gold gefassten Bergkristall und einer kleinen Perle, noch erhöht. Die florale Umrahmung des Gnadenpfennigs, die wie ein naturalistischer, farbenfroher Blütenzauber wirkt, greift eine der für den Barock typischen Rahmungsvarianten auf. Im 17. Jahrhundert erfreute sich diese Schmuckform großer Beliebtheit und fand ihre Analogien in der naturgetreuen Blumenmalerei, im Ornamentstich und in der Goldschmiedekunst der Zeit.
Der Künstler dieses Medaillenjuwels ist Wendel Elias Freund, der als vielbeschäftigter Goldschmied am Hofe Ernsts des Frommen tätig war und in dieser Kunstform brillierte. Im Auftrag des Gothaer Herzogs fertigte er ab 1653 mindestens 28 Gnadenpfennige in zwei verschiedenen Größen und Metallen (Gold und Silber, vergoldet) sowie mit und ohne Fassung. Für einige Exemplare sind farbig emaillierte Kränze als Fassung bekannt.
Als Repräsentations- und Freundschaftsgeschenke wurden Gnadenpfennige z.B. in Fürstenkreisen untereinander ausgetauscht oder an Gesandte auswärtiger Höfe überreicht. Als Zeichen fürstlicher Gunst erhielten sie unter anderem Boten, die Nachrichten und Geschenke überbrachten, oder Vertreter des Hofstaates, die sich um den Landesherrn verdient gemacht hatten oder sein Wohlwollen genossen. Auch Frauen, denen der Zugang zu den meisten höfischen Orden verwehrt war, konnten in den Besitz dieses überaus beliebten und geschätzten Schmuckstücks gelangen. Getragen wurden die Gnadenpfennige an schweren Goldketten, die bis zur Brust oder Hüfte reichten, oder an einer Kette, die in der Art einer Feldbinde über den Oberkörper gelegt wurde. Einzeln oder manchmal in einem Ensemble von mehreren Gnadenpfennige bereicherten sie die kostbare Kleidung. Ihre Blütezeit erlebten sie in der zweiten Hälfte des 16. und in den ersten Jahrzehnten des 17.
Als früher Träger eines prächtig gerahmten und farbig emaillierten Gothaer Gnadenpfennigs konnte der Hof- und Justizrat Johann Christoph Lobhartzberger (1611-1655) nachgewiesen werden, der sich 1655 stolz mit diesem Ehrenzeichen auf einem Kupferstich abbilden ließ.